Das Fjordpferd

Steckbrief

  • Größe: ca. 135 – 150 cm Stockmaß
  • Herkunft: Westliches Norwegen
  • Farbe: ausschließlich Falben
  • Charakteristik: Ursprüngliches Robustpony
  • Eignung: Reit-, Fahr- und Arbeitspony
  • Verwendung: Freizeitreiten, Fahren, Sport

Wahrscheinlich die unverwechselbarste Pferderasse der Welt:
Mit ihrer Farbe und der typischen Stehmähne erkennt man Fjordpferde schon von Weitem auf den ersten Blick. Doch auch die inneren Werte machen die sympathischen Skandinavier einzigartig.

Hals über Kopf in Panik flüchten – das wäre in einem Lebensraum mit dichtem Wald, steilen Felsen und Klippen mehr als waghalsig. Was also tun bei plötzlich auftauchender Gefahr?
Ganz klar: Erst mal Ruhe bewahren, die Lage abschätzen und dann überlegt handeln.
Genau so mussten die Vorfahren der heutigen Fjordpferde in den nördlichen Tundren vorgehen. Weite Steppen, um als Fluchttier richtig Gas zu geben, gab es im hohen Norden nicht. Um gegen Bären, Wölfe und Co. eine Überlebenschance zu haben, erwies sich deshalb eine andere Strategie – siehe oben – als sinnvoller. Und nach genau dieser Strategie, als Urinstinkt fest im Wesen des Fjordpferdes verwurzelt, handelt es noch heute. Als "goldener Charakter" wird diese Coolness, diese einzigartige Nervenstärke gern bezeichnet. Ein Fjordpferd behält auch in kniffligen Situationen des modernen Alltags einen kühlen Kopf, schaut erst einmal, ob eine Flucht überhaupt notwendig ist und lässt sich von seinem Reiter noch bestens kontrollieren, während andere Pferde schon längst über alle Berge sind, weil irgendwo im Gebüsch eine Plastiktüte raschelte oder die Walkingstöcke der Spaziergänger wieder einmal so bedrohlich klapperten.

Kein Wunder also, dass sich gerade nicht so erfahrene Pferdeleute gern ein Fjordpferd als verlässlichen Freizeitpartner aussuchen – sei es, um sicher durchs Gelände zu reiten, Dressurlektionen zu absolvieren, vom Kutschbock aus den Aalstrich im Blick zu haben oder auf Shows aufzutreten. Doch wer meint, es angesichts dieser Gutmütigkeit und des regulierbaren Temperaments mit "Schlaftabletten auf vier Beinen" zu tun zu haben, irrt gewaltig! Dass das Fjordpferd die Jahrhunderte überlebte, ist auch das Ergebnis seiner bedingungslosen Leistungsbereitschaft, dank der es zusammen mit dem einwandfreien Charakter zu einer unverzichtbaren und leicht zu handhabenden Arbeitskraft auf den kleinen Höfen Norwegens wurde. Angepasst an das karge, harte Leben und das teilweise nur geringe Futterangebot war das Fjordpferd schon immer sehr anspruchslos und genügsam. Die Jungpferde lebten oft bis tief in den Winter hinein sich selbst überlassen auf kargen Weideflächen. Häufig wurde im Winter das Heu knapp, sodass man aus Not die Pferde mit Moos, Heidekraut, Baumrinde, Blättern und sogar Fischgräten fütterte. Das erklärt auch, warum das Fjordpferd nach wie vor ein so ausgesprochen guter Futterverwerter ist.
Mit dem Image eines zähen, fleißigen Arbeitsponys, an das sich die in Finnland und Norwegen eingesetzten Soldaten des Zweiten Weltkrieges noch lange erinnerten, ist heute natürlich kein Freizeitreitermarkt mehr zu bedienen. Einer sorgfältigen züchterischen Selektion seit den 1970er-Jahren im Ursprungsland Norwegen und vor allem auch in Deutschland ist es zu verdanken, dass die Rasse den Wandel der Zeiten hervorragend gemeistert hat: Das moderne, sportliche Fjordpferd zeichnet sich durch raumgreifende Gänge und eine exzellente Rittigkeit aus, daneben besteht weiterhin der kräftigere Typ mit viel Fundament.  Doch wie auch immer das Exterieur im Einzelfall aussieht: Für alle Fjordpferde nach wie vor charakteristisch sind die inneren Werte, die die Sympathieträger mit der zweifarbigen Mähne zum perfekten Familienpferd machen.
Leistungsbereitschaft, Verlässlichkeit, vielleicht auch das charmante Äußere mögen den Wikingergott Odin dazu bewogen haben, sich für ein Fjordpferd, nämlich das legendäre Streitross namens Sleipnir, zu entscheiden. Sleipnir, so erzählt man sich, ermüdete niemals. Allein die Tatsache, dass Sleipnir auch fliegen konnte, macht dann doch einen kleinen Unterschied zum Fjordpferd heutiger Tage.

 

Aussehen
Auch wenn alle Fjordpferde Falben sind, sehen doch nicht alle gleich aus. Es gibt Braunfalben, Graufalben, Rotfalben, Gelbfalben und Hellfalben. Alle Fjordpferde zeigen den Wildfarbfaktor, der sich in einem Aalstrich und unterschiedlich ausgeprägten Zebrastreifen an den Beinen zeigt. Das Langhaar ist zweifarbig, oft schwarz-weiß. Die Mähne wird traditionell als Stehmähne geschnitten. Weiße Abzeichen sind nicht erwünscht. Der Körperbau ist kräftig mit einer breiten Brust, einem tragfähigen Rücken und starken Beinen.

Falbe ist nicht gleich Falbe:

 

 

Ähnlich sind sie einander schon – Aalstrich und Zebrastreifen an den Beinen zeichnen alle Fjordpferde aus. Doch auch bei dieser Rasse gibt es verschiedene Farbschattierungen, die quasi "unter" der genetisch fixierten Wildfarbe verborgen liegen: So entspricht der Braunfalbe dem Braunen, der Graufalbe dem Rappen und der Rotfalbe dem Fuchs. Zudem kommen weitere Abstufungen innerhalb dieser drei Grundfarben vor. Alle Fjordfohlen sind in den ersten Lebensmonaten hellbeige. Erst wenn sie ihr typisches Fohlenfell verlieren, kann man erkennen, welche dauerhafte Farbe sie bekommen.
Am weitesten verbreitet bei den Fjordpferden ist der Braunfalbe. Dabei variiert die Fellfarbe von hellbeige bis hellbraun, der Aalstrich ist tief dunkelbraun bis schwarz. Häufig haben die Braunfalben eine helle Maul- und Nasenpartie, das so genannte Mehlmaul. Bei den Rotfalben sind Mähne und Schweif fast weiß und der Aalstrich ist braun bis rötlich. Die Graufalben haben immer ein dunkleres Gesicht und eine schwarze Maulpartie. Der Aalstrich und die Zebrastreifen sind ebenfalls schwarz.

Charakter
Ein Hauptmerkmal des Fjordpferdes ist seine Nervenstärke. Ruhig, freundlich und gelassen begegnet es sowohl dem Menschen als auch seiner Umwelt. Ein Fjordpferd verfügt über ein gesundes Selbstbewusstsein und zeigt sich charakterstark. Darüber hinaus erweist es sich unter dem Sattel und vor dem Wagen als leistungswillig, mutig und ausdauernd. Bei aller Ruhe fehlt es doch nicht an Ehrgeiz.

 


Bewegung
Moderne Fjordpferde zeigen teilweise spektakuläre, sehr raumgreifende und elastische Bewegungen. Ursprünglichere Typen jedoch bewegen sich sparsamer und unauffälliger. Fjordpferde sind trittsicher und sehr ausdauernd. Besonders der fleißige, raumgreifende Schritt erfreut Freizeit- und Wanderreiter. Auch wenn Fjordpferde keine Höhenrekorde brechen, verfügen sie doch über Springvermögen.

 


Herkunft
Das Vestland liegt im Westen von Norwegen. Die Landschaft ist geprägt durch felsige Berge und eben die berühmten Fjorde, die tief in die Berge einschneiden. Das Fjordpferd geht zurück auf die Pferde der Wikinger, die nicht nur einheimische Pferde nutzten, sondern von ihren Raubzügen auch keltische Pferde mit nach Norwegen brachten. Später wurden die Pferde als Trag- und Arbeitstiere gezüchtet.

 


Eignung
Nach wie vor eignet sich das Fjordpferd als Arbeitspferd. Doch sein Haupteinsatzgebiet liegt schon seit einiger Zeit auf dem Gebiet des Freizeitreitens und -fahrens. Beim Wanderritt ist ein Fjordpferd der ideale Begleiter, auf Distanzritten erweist es sich als hart und ausdauernd. Auch im Fahrsport haben sich die Norweger einen guten Namen gemacht. Darüber hinaus sind Fjordpferde auch im Dressurviereck anzutreffen.

 


Haltung
Fjordpferde sind ausgesprochen robust und genügsam. Sie neigen auf reichhaltigen Weiden dazu, zu dick zu werden, und müssen daher kontrolliert gefüttert werden. Ihr besonders dichtes und wärmendes Winterfell macht sie weitgehend unempfindlich gegen Kälte. Dennoch benötigen auch Fjordpferde einen Witterungsschutz, der im Sommer Schatten spendet und im Winter vor Wind und Nässe abschirmt. Darüber hinaus brauchen sie Pferdegesellschaft und freie Bewegung.


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